So gelingt die energetische Modernisierung von (denkmalgeschützten) Altbauten
Görlitz / 20. März 2025
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Als flächengrößtes zusammenhängendes Denkmalgebiet Deutschlands verfügt die Görlitzer Innenstadt über mehr als 4.000 Baudenkmale (meist aus der Gründerzeit), während in den vorgelagerten Stadtgebieten vor allem DDR-Blockbauten des Typs IW 64 vorzufinden sind. Um das Görlitzer Ziel einer regenerativen Energieversorgung zu erreichen, müssen die Heizlasten dieser häufig sanierungsbedürftigen Altbauten deutlich reduziert werden. Gelingen kann dies nur durch die großflächige energetische Ertüchtigung des Gebäudebestands.
Der Workshop thematisiert sowohl die besonderen Herausforderungen als auch die großen Potenziale einer Modernisierung von (denkmalgeschützten) Altbauten. So zeigen die Referierenden unter anderem, wie (Kasten-)Fenster energetisch optimiert werden können und worauf bei der Innendämmung in Gebäuden mit Holzbalkendecken unbedingt geachtet werden muss, um Bauschäden zu verhindern. Kluge Konzepte für eine Kanalführung von Lüftungsanlagen mit geringem Aufwand werden ebenfalls präsentiert.
In zwei vertiefenden Vorträgen wird dann das Thema Innendämmung näher beleuchtet. Was spricht für eine kapillaraktive Innendämmung mit Kalziumsilikat und welche alternativen Dämmstoffe gibt es? Wie beeinflussen die Anschlussdetails die gewählte Dämmstärke und wann muss ein Bauphysiker hinzugezogen werden? Auch die Wichtigkeit guter hygrothermischer Materialeigenschaften für eine aussagekräftige Simulation wird diskutiert.
Die anschließende Besichtigung eines sanierten Görlitzer Denkmals aus dem 18. Jahrhundert ergänzt die Fachvorträge mit wertvollen Einblicken in die Praxis. Dank kluger Planung der engagierten Bauleute konnte der Heizwärmebedarf des ursprünglich schwer beschädigten, unbewohnten Zweifamilienhauses sogar auf 28 kWh/(m²a) gesenkt werden. Auch heute, 20 Jahre nach dem Modernisierungsstart, profitieren die Bewohnenden noch vom angenehmen Raumklima und den niedrigen Energiekosten.
Weitere Praxiserfahrungen liefert ein Vortrag zu Projektbeispielen aus Wien. Wie mehrere Gründerzeitsanierungen zeigen, kann der Energiebedarf durchaus kosteneffizient um über 95 % gesenkt werden. Besonders interessant ist hier auch die Wahl des denkmalschutzkonformen Verschattungskonzepts.
Zu guter Letzt wird die energetische Sanierung im Görlitzer Quartierskontext betrachtet. Mögliche Versorgungskonzepte werden vorgestellt und verglichen.
Am Nachmittag haben Sanierungsinteressierte mit und ohne Fachkenntnisse die Möglichkeit, sich umfassend zum Thema energetische Gebäudemodernisierung zu informieren. Der Einführungsvortrag erläutert die Potenziale der verschiedenen Bauteile, zeigt die Wirtschaftlichkeit möglicher Maßnahmen und erklärt, worauf bei einer schrittweisen Sanierung unbedingt geachtet werden muss, damit die aktuell geplanten Maßnahmen keine zukünftigen Modernisierungsschritte "verbauen".
Im Anschluss stellen die Effizienz-Experten eine Reihe von effektiven Sanierungsmaßnahmen vor, die Heimwerkerinnen und Heimwerker gut und kostengünstig in Eigenarbeit durchführen können, um den Energiestandard ihres Zuhauses zu verbessern. So lernen Teilnehmende beispielsweise wie die Dämmung von Heizkörpernischen, Rolladenkästen, Rohrleitungen, der Kellerdecke oder der obersten Geschossdecke mit Bravur gelingt oder wie Verglasungen mithilfe von Isolierfolie energetisch verbessert werden können. Die Maßnahmen sind sowohl für Wohneigentum als auch für gemietete Immobilien mit Zustimmung des Vermieters geeignet.
Mit Grundmauern aus der Zeit der Stadtgründung um 1250 und einer auf das Jahr 1727 datierten Holzbalkendecke gehört das Gebäude zu den über 4.000 Görlitzer Denkmalen. Danke der energetischen Modernisierung konnte der Heizwärmebedarf auf nur 28 kWh/(m²a) reduziert werden. Die Komplettsanierung umfasste unter anderem die Anbringung einer kapillaraktiven Innendämmung straßenseitig und zu den Nachbargebäuden sowie einer WDVS-Außendämmung hofseitig. Das Dach wurde mit einer Zwischensparrendämmung aus Hanf energetisch ertüchtigt und die Fenster mit Dreifachverglasungen bzw. Zweifachverglasungen (Holz-Kastenfenster) ausgestattet. Darüber hinaus verfügt das Gebäude über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sowie eine solarthermische Anlage.
Das österreichische Bauphysikbüro Schöberl & Pöll verfügt über viel Erfahrung mit der energetischen Sanierung von Denkmalen. Ein Projekt wurde dabei sogar mit dem Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Bei der denkmalschutzkonformen Modernisierung setzt das Büro meist auf Innendämmung, aber auch Aerogel Außenwandputz wurde schon zur Erhaltung einer historischen Fassade genutzt. Dabei bietet der hoch energieeffiziente EnerPHit-Standard die Möglichkeit, energetische Schwachstellen an manchen Bauteilen mit verstärkten Bemühungen an leichter zu ertüchtigenden Bauteilen auszugleichen. Neben hoher Effizienz zeichnen sich die Projekte durch weitere Merkmale wie ein kluges Verschattungskonzept, Fassadenbegrünung oder Grauwasserverwertung aus.
Programmablauf
09:00 | Begrüßung und Vorstellung des Projekts TRUST |
09:15 | Energetische Gebäudemodernisierung im Görlitzer Kontext: Der Schlüssel zur Nutzung regenerativer Energien |
10:00 | Wärmeschutz und Denkmalschutz: Eine erfolgreiche Kombination |
10:45 | Clevere Lüftungskonzepte für den (denkmalgeschützten) Altbau |
11:15 | Pause |
11:30 | Fokus Innendämmung I: Eine konstruktive Betrachtung |
12:15 | Fokus Innendämmung II: Bauphysik und hygrothermische Simulation |
13:00 | Mittagessen & Besichtigung der Görlitzer Denkmal-Sanierung |
15:00 | Potenziale bei der Modernisierung von Gründerzeitdenkmalen: Projekterfahrungen aus Wien |
15:45 | Energetische Quartierslösungen und Versorgungskonzepte |
16:15 | Pause |
16:30 | Grundlagenvortrag: So gelingt die energetische Gebäudemodernisierung! |
17:00 | Energieeffizienz-Maßnahmen für Heimwerker: Kostengünstig, komfortabel, klimaschonend |
18:00 | Ende der Veranstaltung |
Referierende
- Dr.-Ing. Christian Conrad (IBEC-Ingenieurbüro für Bauklimatik und Energieeffizienz)
- Kristin Bräunlich (Passivhaus Institut)
- Dr. Berthold Kaufmann (Passivhaus Institut)
- Marek Popielarz (Stadt Görlitz)
- Dr.-Ing. Stefanie Rößler (Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung)
- Helmut Schöberl (Schöberl & Pöll GmbH - Bauphysik und Forschung)
- Johannes Seibert (Passivhaus Institut)
Fortbildungspunkte
- Passivhaus Institut: 9 Punkte
- Deutsche Energie-Agentur: angefragt
- Architektenkammer Sachsen: wird angefragt
Die Teilnahme am Workshop ist kostenfrei. Zur Anmeldung
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Diese Veranstaltung wird von der Stadt Görlitz im Rahmen des Projekts TRUST in Zusammenarbeit mit dem Passivhaus Institut, der Informations-Gemeinschaft Passivhaus Deutschland, der Europastadt Görlitz Zgorzelec GmbH und dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung organisiert.